Ankauf 2018

Joel Shapiro
*1941 in New York, lebt in New York

Untitled, 2016
Holz, 48 x 73 x 41 cm

Der 1941 geborene Joel Shapiro schuf in den 1970er Jahren kleinformatige Objekte, welche die minimalistische Formensprache aufnahmen. Sie brachen jedoch deren formale Selbstbezüglichkeit durch figürliche Referenzen und psychologische Verdichtung auf. Auch nutzte Shapiro im Gegensatz zu seinen Vorgängern den klassischen Bronze- oder Eisenguss.

Im Zusammenhang mit seiner Ausstellung 2017 wurde eine Auswahl von wichtigen frühen Skulpturen getroffen, die sich noch im Besitz des Künstlers befanden. Auf diese Weise entstand ein einzigartiges Ensemble. In Europa ist der Künstler in bedeutenden Häusern wie der Londoner Tate Gallery, im Centre Pompidou in Paris und im Stedelijk Museum in Amsterdam vertreten.

Neben frühen Arbeiten waren in der Ausstellung neuere Holzskulpturen zu sehen, insbesondere eine Reihe von Hängeskulpturen, die an einem Faden von der Decke hingen und sozusagen als Kaskaden aus Klötzen und Latten herunterfielen. Einfache Stahlstifte nieten die Teile zusammen, Drähte geben ihnen Spielraum und zugleich Struktur. Jede Figur ist individuell – durch ihre Gestalt und ihre Farbigkeit, die Höhe, auf der sie dem Betrachter entgegentritt, und den Umraum, den sie definiert. 

Untitled aus dem Jahre 2016 war die aktuellste Skulptur in der Ausstellung. Sie erinnert an eine Liegende, ihre Bemalung ist in einem fahlem, verwaschenem Rot und Blau gehalten, was ihre innere Geschlos-senheit und ihre Ausstrahlung gegenüber zuvor entstandenen, unbemalten Figuren wesentlich verändert. Shapiro erwähnte, dass die Farbe „auf die Form einwirkt. Sie bestimmt, wie man die Skulptur wahrnimmt. Dicht aufgetragene Farbe hält einen auf der Oberfläche; lasierende Farbe schafft einen Schleier – sie verändert den Fokus.“

Mit dem Ankauf der Skulptur Untitled von 2016 könnte der Galerieverein die bestehende Werkgruppe sinnvoll ergänzen und das Ensemble des Künstlers mit Werken aus verschiedenen Schaffensphasen in der Sammlung abrunden.

 

Katinka Bock
*1976 in Frankfurt, lebt in Paris und Berlin

Seenlandschaft mit Nebel, 2017
Keramik, Kupfer, Bronzeguss, Heizkocher, Elektrokabel, Dimension variabel

Raum und Zeit bilden wesentliche Grundlagen in Katinka Bocks Schaffen. Vertraute Werkstoffe – Textilien, Stein, Keramik – verbindet sie zu vielschichtigen Materialkombinationen. Ihre fragilen Skulpturen artikulieren Zwischenstadien und Übergangsmomente. Oft sind es schlichte Handgriffe, die in den Werken sichtbar werden: falten, rollen, kneten, fallen usw. Häufig setzt sie physikalische Pro-zesse in Gang, beispielsweise Erwärmung und Verdunstung. Seelandschaft mit Nebel (2017) besetzt in der Ausstellung Sonar / Tomorrow’s Sculpture den grossen Saal im Kunst Museum Winterthur: Es han-delt sich im Grunde um eine stilisierte Landschaft aus Platten und Keramikbehältnissen. Die Gesten der Arte Povera klingen darin ebenso an wie Carl Andres minimalistische Bodenarbeiten. Sie löst indes die Strenge von dessen Bodenarbeiten auf durch die unregelmässige Setzung und die Kombination mit einem Material, der Keramik, welche die industrielle Erscheinung der Minimal Art unterläuft. Das Erhitzen von Wasser in den Keramikschalen verweist auf die Traditionen der Prozesskunst, lässt einen kaum wahrnehmbaren Wasserdampf über der Seenlandschaft aufsteigen und eröffnet im Raum der Kunst eine Form skulpturaler Poesie.

Das Schaffen von Katinka Bock ist in bedeutenden Sammlungen vertreten, so u.a. im Kunstmuseum Bonn, in der Henry Art Gallery, Seattle und im Centre Pompidou, Paris. Seelandschaft mit Nebel (2017) ist ein Hauptwerk für die Künstlerin, das als Eckstück des gemeinsamen Ausstellungsprojektes im MUDAM in Luxembourg und im Institut d’art contemporain in Villeurbanne/Lyon gezeigt wird. Aus Eigenmittel konnte das Kunstverein Winterthur bereits zwei kleinere Skulpturen erwerben: Liegende (June) (2016) und Stehender (2017). Seelandschaft mit Nebel würde die Werkgruppe zu einem erstrangigen musealen Ensemble abrunden und eine einzigartige Werkgruppe bilden.